Zukunft des DVD-Nachfolgers wieder unklar

05.03.2002

Nachdem die Vorstellung der "Blu-ray Disc" vor einigen Tagen noch den Eindruck machte, also ob es diesmal auch ohne einen Systemstreit möglich wäre, eine neue Technologie einzuführen, so gibt es diesen jetzt offensichtlich aber doch: Wie die EE Times berichtet, hat das Steuerungskomitee des DVD Forums bei einem Treffen Ende Februar in Tokyo jetzt zunächst erst einmal nur ein anderes Format befürwortet: Dieses setzt auf die herkömmliche DVD-Technologie als Speichermedium, also einen roten Laser und Dual Layer-DVDs mit 9 GB. Durch verbesserte Kompressionsverfahren soll dieser Platz aber mit geringeren Datenraten um die 7 Mbps effektiver genutzt werden können - und damit auch HDTV ermöglichen. Während die neun Firmen, die hinter der "Blu-ray Disc" stehen, hier das herkömmliche MPEG2 einsetzen wollen, soll für die von Warner Bros. vorgeschlagene "Low Bitrate"-Variante ein verbessertes MPEG 2 oder ein anderer Standard wie z.B. MPEG4 eingesetzt werden. Von den 17 Mitgliedern des Steuerungskomitees sollen sich 11 für diesen Vorschlag ausgesprochen haben. Als Gründe werden vor allem die höheren Herstellungs-Kosten angebracht, die die "Blue-ray Disc" verursachen würde. Hingegen wird ein Sprecher von Philips zitiert, der den Schwerpunkt bei der "Blu-ray Disc" ohnehin als die DVD ergänzendes Aufnahmeformat für TV-Sendungen setzt, während das Low Bitrate-Encoding in erster Linie für vorbespielte DVDs gedacht sei.

Egal, was am Ende dabei herauskommt, so sollte nicht vergessen werden, worum es im Grunde genommen geht: Um einen möglichen Nachfolger der DVD, der auch für HDTV geeignet ist. In dieser Hinsicht braucht niemand Panik haben, dass die herkömmliche DVD bereits zum alten Eisen gehört. Die Filmindustrie kann kein Interesse haben, ein Format, welches gerade erfolgreich etabliert wurde und für große Einnahmen sorgt, schon so schnell wieder durch einen Nachfolger abzulösen. Das wird sicherlich noch einige Jahre dauern, alleine schon, weil die Filmindustrie es nicht erlauben wird, ihre Filme in HDTV-Qualität ohne einen effizienten Kopierschutz anzubieten. Die frühe Ankündigung der Spezifikationen der "Blu-ray Disc" ist vor allem eine Reaktion auf die in Kürze bevorstehende US-Markteinführung von Spielfilmen in HDTV auf D-VHS-Medien. Wie ein Sony-Sprecher in den USA zugab, sei es darum gegangen, erst einmal ein Zeichen zu setzen, dass die Industrie dem bandbasierten D-VHS etwas entgegenzusetzen habe. Ein Panasonic-Sprecher hat in dem Zusammenhang auch gesagt, dass die Spezifikationen erst zu 90% fertiggestellt seien und es derzeit noch nicht vorhersehbar sei, wann die ersten Recorder auf den Markt kommen werden. 

Es gibt auch im Grunde genommen kein Argument, weswegen die DVD nicht mehr ausreicht. Denn zumindest für herkömmliches PAL und NTSC reicht die Kapazität von 9 GB auf Dual Layer-DVDs für die meist zwei Stunden lange Spielfilme vollkommen aus. Und wenn die Extras oder ganz selten der Film mehr Platz erfordern, werden diese einfach auf eine zweite Disc verteilt, was auffällig oft von den DVD-Anbietern alleine schon dafür genutzt wird, um bereits optisch den Mehrwert einer DVD herauszustellen. 

Das Qualitätsargument zählt eigentlich auch nicht, um jetzt bereits ein neues Format einzusetzen, denn wenn man sich einmal ansieht, weswegen auch heute nur die wenigsten DVDs eine optimale Bildqualität bieten, so liegen die Gründe hierfür meist bereits im schlechten Ausgangsmaterial, schlechtem Encoding oder übermäßig eingesetzten Rauschfiltern - aber nicht darin, dass die Bitrate nicht ausreichen würde. Vielmehr ist sogar zu beobachten, dass die Bitrate nicht einmal darauf optimiert wird, auch den gesamten Speicherplatz der DVD auszunutzen. Bevor schon wieder ein neuer Standard eingeführt wird, sollte der bestehende zunächst einmal optimiert werden.

Sinnvoll ist eine DVD mit mehr Speicher und/oder effizienteren Kompressionsmechanismen zum einen bei DVD-Recordern, die bislang unter dem Manko leiden, gerade einmal mit 4.7 GB Speicher fassenden Discs auskommen zu müssen. Hier allerdings ist aufgrund niedriger Preis für Festplatten das Harddisc-Recording eine bereits jetzt mit einfachen Mitteln realisierbare Alternative.

Der Hauptgrund für ein neues oder verbessertes DVD-System ist der Einsatz von HDTV - und damit steht Europa im Grunde genommen erst einmal außen vor: Denn wenn man über HDTV redet, so muss man eigentlich von HTDV in den USA und Japan reden, denn hierzulande ist HDTV eine absolute Zukunftsillusion und wird es sicherlich noch für einige Jahre bleiben. Nach dem Flop von D2-MAC und HD-MAC in den Neunziger Jahren hat es in Europa keinen ernstzunehmenden Versuch gegeben, das alte PAL durch ein besseres TV-System abzulösen. Und solange es dabei bleibt, ist es für Europa vollkommen irrelevant, ob es nun eine HD-DVD geben wird oder nicht, solange hier nicht wie in den USA die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Nachdem jahrelang das amerikanische NTSC mit dem Verweis auf das viel bessere PAL-System und dessen höheren Zeilenauflösung von 575 Bildzeilen gegenüber 480 bei NTSC nur müde belächelt wurde, so sieht es momentan eher so aus, als ob diesmal die Amerikaner in ein paar Jahren vor ihren Widescreen-TVs mit Progressive Scan und 1080 Zeilen Auflösung nur noch müde über die Europäer lachen werden.