Features und Praxis: Dolby ProLogic II

04.03.2002 (cr)

Dolby ProLogic II war bei den AV-Receivern und -Verstärkern der gerade abgelösten Generation der verschiedenen Hersteller in einigen Fällen schon mit an Bord, inzwischen, mit den nun neu auf den Markt kommenden Modellen der "Frühjahrs- und Sommerkollektion" wird der Nachfolger von Dolby ProLogic zum neuen Standardfeature, welches auch nicht länger nur den Top-Modellen vorbehalten bleibt, sondern auch bei preiswerten Geräten Einzug erhält. Ein wichtiger  Hauptunterschied zwischen Pro Logic I und Pro Logic II liegt zunächst einmal darin, dass bei PL I die Bandbreite der Surroundkanäle auf 7 kHz limitiert war, PL II arbeitet hier ohne eine Limitierung, was eine transparentere, klarere und weniger mittenbetonte Darstellung der Surround-Klangkulisse ermöglicht. So bietet Pro Logic II einen sowohl im Bass- als auch Höhenbereich authentischen Klang, den man so bislang nicht von Pro Logic kannte. Zweiter wichtiger Unterschied: Während Pro Logic I bei der Wiedergabe von Musik in Surround nur äußerst unbefriedigende Resultate erzielte, da auf den Surround-Kanälen nur ein Mono-Signal wiedergegeben wurde und sich das System damit eigentlich nur der Einsatz beim Anhören von Filmmaterial empfahl, geht PL II einen Schritt weiter: Dolby Pro Logic II ermöglicht auch auf den Surround-Kanälen Stereo-Wiedergabe und ermöglicht damit einen Klangeindruck, der annähernd an das herankommt, was man von echtem 5.1-Ton kennt. Zudem besteht bei Pro Logic II die Möglichkeit zwischen zwei Betriebsarten, die gezielt für die Wiedergabe von Musik oder Film gedacht sind und einheitlich von Dolby vorgegeben werden:

Hier gibt es einen "Movie Mode" und einen "Music Mode". Zunächst einmal ist zwischen zwei Versionen, die beide in gängigen AV-Verstärkern und -Receivern Verwendung finden, zu unterscheiden:

  • Eine "Vollversion von PL II, hier kann der Benutzer die in der unten stehenden Tabelle genannten Parameter justieren
  • Eine "Light-Version" von PL II, hier hat der Benutzer im Music Mode keine Einstellmöglichkeiten.

Pro Logic II sollte nicht verwechselt werden mit den DSP-Modi, die bei den meisten Receivern und Verstärkern zu finden sind: Diese sorgen meist durch das Hinzufügen von Hall und anderer Effekte für einen Klang, der meist eine bestimmte Atmosphäre erzeugen soll, z.B. den eines Live-Konzerts oder eines großen Filmtheaters. Bei Dolby Pro Logic II indes geht es darum, das aus dem im Zweikanalton vorliegenden Tonmaterial der Klang reproduziert werden soll, der für die Wiedergabe im 5.1-Verfahren beabsichtig worden ist.

Die einzelnen Features von PL II Music in der Vollversion
  • Dimension Control: Der Benutzer kann das Klangfeld in Bezug auf die Rear-Lautsprecher und die Frontlautsprecher einstellen und die Balance stufenlos von vorne nach hinten verschieben. 
  • Center Width Control: Der Modus für den Center-Lautsprechers kann zwischen dem schon bekannten „Phantom Mode“, wo die Tonwiedergabe bei den Frontlautsprechern nur über den rechten und linken Hauptlautsprecher erfolgt, und einer Schaltung, bei der vorne ausschließlich der Center läuft, stufenlos variiert werden. Auf diesem Wege lässt sich der bei der Musikwiedergabe häufig als störend empfundene Center-Kanal ausblenden.
  • Panorama Mode: Soll bei der Wiedergabe von Musik ein weiträumiges Klangfeld schaffen. In der Praxis zeigten sich bei vielen Musikarten nicht allzu bahnbrechende Veränderungen. Bei sehr guten Aufnahmen konnte der "Panorama Mode" ein luftigeres, weitläufigeres Klangbild vermitteln, ohne die musikalische Präzision zu sehr leiden zu lassen.
Beispiele für die gelungene Integration von Dolby Pro Logic II
  • Bei Celine Dions "Think Twice"  (CD: Celine Dion: All The Way/A Decade Of Song) erfreuten unsere verschiedenen mit PL II ausgestatteten AV-Verstärker und -Receiver mit sehr natürlicher Räumlichkeit und einer trotzdem präzisen Stimmwiedergabe. Ohne störende Hallbeimischung ist die erzielte Stimmtransparenz beachtlich. Die Dimension Control kann hier mit einer leichten Betonung der vorderen Hauptlautsprecher justiert werden, was das Vorhandensein einer virtuellen Bühne fördert und die Surroundlautsprecher nicht überbetont. Auch von Nutzen: Die Center Width Control: In der Praxis zeigte sich, dass die Wiedergabe bei den meisten Musikarten am besten ist, wenn man den Center zwar mitlaufen lässt, den größten Teil der Anteile aber den beiden vorderen Hauptboxen zuführt. Bei der Celine Dion-CD war eine Wiedergabe, die den Center zurückhaltend, aber noch gut hörbar, mit einbezog, besonders überzeugend. 

  • Bei  Bachs Orgelwerken, gespielt von Simon Preston (Simon Preston: Bach, Organ Works, 4D-CD), konnte PL II ebenfalls mit exakter Wiedergabe und einem sehr guten Gefühl von Räumlichkeit punkten. Als nützlich erwiesen sich dabei die verschiedenen Einstellmöglichkeiten im PL II Music-Modus: So dieDimension Control, die, wie oben beschrieben, es dem Benutzer ermöglicht, das Klangfeld in Bezug auf die Rear-Lautsprecher und die Frontlautsprecher einstellen und die Balance stufenlos von vorne nach hinten verschieben.  Je nach Musikart, so förderten die Testläufe zutage, können leichte Änderungen der Balance von Vorteil sein. Bei Musik, wo über die Surroundkanäle in erster Linie Geräusche wie das Klatschen des Publikums übertragen werden und die Musik in erster Linie von vorne kommen soll, kann es, auch je nach persönlichem Hörgeschmack, ratsam sein, mehr Klanganteile auf die Frontboxen zu schieben. Besonders hilfreich war bei der akkuraten Übertragung der Orgelstücke die Center Width Control. Der Modus für den Center-Lautsprechers kann zwischen dem schon bekannten „Phantom Mode“, wo die Tonwiedergabe bei den Frontlautsprechern nur über den rechten und linken Hauptlautsprecher erfolgt, und einer Schaltung, bei der vorne ausschließlich der Center läuft, stufenlos variiert werden. Bei Bachs Orgelwerken sollte der Center praktisch gar nicht mit einbezogen werden. 

  • Bei der Wiedergabe beispielsweise von Opern sollte dem Center ein größerer Klanganteil zugeführt werden, sofern dieser von hochwertiger Qualität ist und somit für die diffizile Wiedergabe der charakteristischen Stimmen von Opernsängern geeignet ist.  Dann stellt sich der Eindruck eines überraschend guten virtuellen Opernbesuchs ein, da die Stimmwiedergabe in sehr guter Qualität auch tatsächlich von der Mitte der Bühne kommt, wo ja bis auf wenige Ausnahmen innerhalb einer Aufführung gesungen wird.

  • Manchmal auch eine Wirkung zeigte der Panorama Mode, der bei der Wiedergabe von Musik ein weiträumiges Klangfeld schaffen soll . In der Praxis zeigten sich zwar bei vielen Musikarten nicht allzu bahnbrechende Veränderungen. Bei sehr guten Aufnahmen aber wie der Bach'schen Orgel-CD konnte der "Panorama Mode" ein luftigeres, weitläufigeres Klangbild vermitteln, ohne die musikalische Präzision zu sehr leiden zu lassen.

Fazit: PL II Music Für die Wiedergabe von Stereo-Material im Surround-Modus eignet sich ProLogicII sehr gut. Besonders positiv ist, dass oftmals auftretende negative Nebeneffekte wie beispielsweise zu viel Hall, der den Höhen Brillanz und dem Bass Kraft raubt, kaum zu beobachten sind. Die gebotene Räumlichkeit und Dynamik profitiert hörbar von der verbesserten Einarbeitung der Surroundkanäle. Somit wird der bei ProLogic I vorherrschende, muffig-mittenbetonte und blecherne Klangeindruck des Surround-Soundfeldes durch ein weitaus lebendigere und detailliertere Darbietung ersetzt. Zaubern kann man natürlich auch bei Dolby nicht: So wird der verwöhnte Musikliebhaber beispielsweise bei klassischen Streicher-Musikbeispielen durch das ProLogic II-Aufpolieren auch immer noch einen hörbaren Verlust an der klaren Darstellung im Hochtonbereich feststellen. Erstaunlich gut kam ProLogic II mit der Orgel zurecht: Ein angenehmer, nie dröhniger Raumeindruck, gepaart mit guter Präzision. Nur im Tiefbassbereich war ein leichter Kraftverlust und ein leichtes Verwischen zu beobachten. Die Einstellmöglichkeiten sorgen für eine erhöhte Flexibilität, der Panorama Mode allerdings zeigt nur in wenigen Fällen eine großartige Wirkung. Nur im direkten Vergleichshören ist der Raumeindruck bei sehr gute Software noch luftiger. Ohne Einstellmöglichkeiten ist Dolby PLII auch ein brauchbares zusätzliches Ausstattungsmerkmal, eine fast optimale Anpassung an softwarebedingte Schwächen oder Stärken oder an den persönlichen Hörgeschmack ist aber nicht möglich, was in einigen Fällen zu einer akustischen Schmälerung des immer noch ordentlichen Resultats führt. Dolby Pro Logic II eignet sich für die Wiedergabe der meisten Stereo-Quellen und fast immer gelingt es, einen räumlichen Klangeindruck zu erzeugen, der die Musik besser klingen lässt als bei normaler Stereo-Wiedergabe und auch den meisten DSP-Programmen weit voraus ist.

 

Dolby Pro Logic II Movie

Die Sternstunde von Pro Logic II schlägt indes bei der Wiedergabe von Filmen, die man bisher nur in Dolby Surround hören konnte. Da Dolby Digital 5.1 erst seit Anfang der Neunziger Jahre im Einsatz ist, ergibt sich somit ein kaum erschöpfbares Arsenal an alten Filmen, die nur in Dolby Surround erhältlich sind. Aber auch Filme, die im analogen Fernsehen laufen oder auf Video aufgenommen wurden, gibt es nur in Dolby Surround. Der Clou von Pro Logic II ist, dass es selbst hier vielfach gelingt, aus den zwei Stereo-Kanälen, die auch mit dem alten Pro Logic encoded wurden, echten 5.1-Klang zu erzeugen. Das hört sich vielleicht unmöglich an, ist es aber nicht: Selbst die Wiedergabe direktionaler Effekte, wie man sie eigentlich nur von "echtem" Dolby Digital 5.1 kennt, ist so möglich. Während herkömmliche Pro Logic-Decoder im Prinzip so arbeiteten, dass sie den phasenverdrehten Anteil des Stereo-Signals erkannten und auf beide Surround-Kanäle gleichzeitig, also in Mono, legten, wird bei Pro Logic II zusätzlich die Stereo-Information ausgewertet. Tritt also nur auf dem linken Kanal eine solche Phasenverdrehung auf, so wird diese auch nur dem linken Surround-Kanal zugewiesen. Auf diesem Wege ist es also auch bei Pro Logic II z.B. möglich, die "Enterprise" wirklich hinten links in der Ecke verschwinden zu lassen, wenn sie durch das Bild fliegt.

Bei der deutschen Synchro von "Top Gun" konnte sich PL II auf Testgeräten der verschiedensten Preisklassen gut in Szene setzen. So war der Raumeindruck weitläufiger und auf den Surroundlautsprechern die Klangkulisse weniger mittenbetont und blechern.  Die gleichen Beobachtungen konnten bei "Octopussy" gemacht werden. Nur gegen die blecherne Stimmwiedergabe vieler älterer Produktionen war PL II machtlos. Auch bei sehr guten 5.1-DVD, via Downmix-Ausgang analog angeschlossen (so dass auch hier die PL II-Funktion gecheckt werden konnte), konnte sich PL II Movie  ordentlich in Szene setzen, so bei "The Mummy": Hier war die Wiedergabe des Music Score deutlich detailreicher als bei Pro Logic I, und die Effekte kamen weitläufiger und gefälliger heraus - kurzum, die gesamte Surroundkulisse wirkte wesentlich dynamischer und lebendiger. 

Doch PL II Movie kann noch mehr, dann nämlich, wenn man es mit THX Post Processing kombiniert. Beispiel: wiederum "Top Gun", Code 2, deutsche Tonspur (Dolby Surround). Was hier an klanglicher Präzision in Anbetracht des Ausgangsmaterials geboten wird, überrascht, ebenso die runde, im Vergleich zum Movie Mode ohne THX Nachbearbeitung nochmals verbesserte Stimmwiedergabe, der es nur immer noch an Transparenz in den Höhen fehlt - aber zaubern kann eben auch die Kombination aus PLII und THX Post Processing nicht. Dafür sind unangenehme Spitzen in den Höhen "glattgebügelt", der Klang ist stets homogen. Bei der Surround-Klangkulisse  zeigt sich der Unterschied zu PL II Movie ohne THX Postprocessing in einer noch weitläufigeren, runderen Klangspektrum. Fazit: Bei der Integration von Dolby PLII Movie macht sich die THX Nachbearbeitung vor allem in einer weiter gesteigerten Gesamthomogenität bemerkbar, was den Spaß am Anschauen verschiedener DVDs, die ältere Filmvorlagen enthalten, doch steigert. 

Text: Carsten Rampacher
04. März 2002